Familienfreundlichkeit in Unternehmen: Warum sie immer wichtiger wird
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit kleinen Kindern sind eine Arbeitsmarktressource, die im Recruiting viel zu wenig Beachtung erfährt. Bei der Wahl des Arbeitgebers achtet die Zielgruppe besonders stark auf einen Aspekt: Familienfreundlichkeit. Sprechen Sie im Recruiting darüber? Nein? Dann wird es höchste Zeit. Wir geben Ihnen Tipps, worauf Sie achten sollten.

Familienfreundlichkeit: Wichtiger Faktor im Employer Branding
Vor dem Hintergrund des sich verschärfenden Arbeitnehmermangels in Deutschland entwickeln immer mehr Arbeitgeber eine Employer Brand oder Arbeitgebermarke, um für sich zu werben. Das Bedeutet: Ähnlich wie bei der Produktwerbung arbeiten Unternehmen klar definierte Merkmale und Charakteristika heraus, die sie als Arbeitgeber ausmachen.
Diese „vermarkten“ sie in Recruiting-Kampagnen gegenüber Bewerbern. Meist liegt dabei der Fokus allerdings vor allem auf den Merkmalen, für die sich Berufseinsteigerinnen und -einsteiger interessieren. Sinnstiftende Aufgaben etwa, gute Karrieremöglichkeiten, Work-Life-Balance-Angebote und ein angemessenes Gehalt.
Worauf die mittlere Alterskohorte Wert legt
Ab einem gewissen Alter suchen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer jedoch nach Informationen über einen weiteren Faktor. Sie wollen wissen: Wie hält es der Arbeitgeber mit der Familienfreundlichkeit? Denn in der Altersspanne zwischen 25 und 39 Jahren bekommen oder haben viele Talente Nachwuchs. Umso mehr rückt bei der Wahl des Arbeitgebers die Frage nach einer guten Vereinbarkeit von Kindern mit dem Beruf in den Vordergrund.
Und das betrifft längst nicht mehr nur Frauen, sondern zunehmend auch Männer. Diese teilen sich die Betreuungsaufgaben immer häufiger mit ihren Partnerinnen sehr paritätisch. Und damit sprechen wir von einer recht großen Zielgruppe. Laut Erhebungen des Statistischen Bundesamtes gehört etwa jede oder jeder Fünfte der betreffenden Alterskorhorte an.
Achten Sie auf familienfreundliche Faktoren
Worauf es erwerbstätigen Müttern und Vätern vor allen Dingen ankommt: Flexibilität in puncto Arbeitszeit und -ort. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Kinder betreuen, wollen relativ frei bestimmen, wann Sie ihre Arbeit aufnehmen und wieder beenden und von wo aus sie sie verrichten – im Homeoffice oder Büro. Umso leichter fällt es ihnen, ihren Job zum Beispiel an die oftmals starren Schul- oder Kitaöffnungszeiten in Deutschland anzupassen.
Weitere Kriterien, die ein Unternehmen zu einem familienfreundlichen Arbeitgeber machen:
- Teilzeitangebote und Jobsharing
- Ferienangebote für den Nachwuchs
- Karrieremodelle und Weiterbildungsangebote für Eltern
Familie und Beruf müssen harmonieren – ansonsten ziehen Arbeitnehmer die Reißleine
Der Aspekt der Familienfreundlichkeit ist der betreffenden Altersgruppe so wichtig, dass laut einer Forsa-Umfrage im Auftrag des Bundesfamilienministeriums 59 Prozent der Studienteilnehmerinnen und -Teilnehmer dafür sogar auf ein zusätzliches Monatsgehalt verzichten würden. Viele denken auch über einen Arbeitgeberwechsel nach, wenn die Bedingungen beim derzeitigen Unternehmen nicht stimmen.
Das ist Ihre Chance: Falls Sie zu den Arbeitgebern gehören, die das Thema Familienfreundlichkeit großschreiben, können Sie diese potenziell Wechselwilligen mit den passenden Recruiting-Botschaften für sich begeistern. Gestalten Sie dazu zum Beispiel auf Ihrer Karriere-Website eine eigene Rubrik zu dem Stichwort „Familienfreundlichkeit“.
Beschreiben Sie hier nicht nur Ihre Haltung als Unternehmen gegenüber der Doppelbelastung von arbeitenden Eltern und die Maßnahmen, die Sie ergreifen, um erwerbstätige Mütter und Väter zu unterstützen. Lassen Sie auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der entsprechenden Altersgruppe zu Wort kommen. So entsteht das Gefühl von Nähe.
Bauen Sie Nähe auf
Führen Sie mit den arbeitenden Eltern in Ihrem Unternehmen zum Beispiel Interviews. Schriftlich oder per Video. Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können darin über die Benefits reden, die Sie als Arbeitgeber auszeichnen. Sei es das Eltern-Kind-Büro im Unternehmen, die regelmäßigen Events für Familien, die betriebliche Kinderbetreuung oder regelmäßige monetäre Zuschüsse für Familien. Vielleicht haben Sie auch ein Audit durchlaufen und sind als familienfreundlicher Betrieb zertifiziert. Auch darüber sollten Sie sprechen.
Verlinken Sie diese Informationen in den Stellenanzeigen, die die Zielgruppe der 25- bis 39-Jährigen ansprechen. Meist dreht es sich dabei um Positionen, für die mindestens drei bis fünf Jahre Berufserfahrung vonnöten sind. Bringen Sie die entsprechenden Inhalte auch über Social-Media-Postings Ihrer Zielgruppe näher oder schalten Sie Bannerkampagnen im WWW. Diese lassen sich sehr gezielt an genau definierte Personengruppen ausspielen.
Wer Talente für sich gewinnen und Mitarbeiter binden möchte benötigt eine attraktive Arbeitgebermarke, die sich positiv vom Wettbewerb abhebt. Um eine solche Marke zu schaffen und zu stärken benötigt es eine gute Employer Branding Strategie und die passenden Instrumente. In unserem Wiki-Beitrag erfahren Sie alles zu den passenden Employer Branding Instrumenten, den besten Kommunikationskanälen sowie den wichtigsten Regeln zum Aufbau einer effizienten Employer Branding Strategie.
Chancen einer transparenten Außendarstellung der eigenen Familienfreundlichkeit
Vor allem kleinere Betriebe unterschätzen häufig die Chancen, die mit einer transparenten Außendarstellung der eigenen Familienfreundlichkeit einhergehen. Manche Personalverantwortliche sehen sogar eine Gefahr für das Renommee des eigenen Unternehmens, wenn sie die eigene Familienfreundlichkeit zu stark betonen. Die Begründung: Es könnte einen Konflikt mit dem eigenen Image als leistungsfähiges Unternehmen geben.
Das war vielleicht einmal. Inzwischen sehen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer das aber genau andersherum und sind frustriert, wenn das Thema erst im Bewerbungsgespräch zur Sprache kommt. Vielen ist das zu spät – sie bewerben sich daher erst gar nicht. Wir können Sie daher nur ermutigen: Zeigen Sie sich als Unternehmen von Ihrer familienfreundlichen Seite. Und zwar so früh wie nur irgend möglich.
Sie fragen sich, wie Sie den Aspekt der Familienfreundlichkeit in Ihrem Recruiting bestmöglich vermarkten? Laden Sie sich dazu kostenlos unser E-Book „Recruiting goes Marketing herunter“. Alternativ freuen wir uns auf den Kontakt zu Ihnen.

Auf den Punkt gebracht …!
Vier Fragen an Matthias Schröder, Chief Sales and Innovation Officer bei Raven51, zum Thema Familienfreundlichkeit.
Matthias, Du bist selbst Familienvater und kennst die Bedeutung der Familienfreundlichkeit nicht nur aus der Perspektive des Vorgesetzten, sondern auch als Vater. Wie stehst Du zu dem Thema?
Im Grunde denke ich, Unternehmen gehen das Thema seit jeher viel zu verkrampft an. Wenn sie das Wort Familienfreundlichkeit hören, bekommen Personalverantwortliche – überspitzt gesagt – Schweißausbrüche.
Sie sehen sich selbst in der Geber-Rolle und haben Sorge, nichts zurückzubekommen. In ihrem Kopf spielt sich das folgende Szenario ab: Sie sorgen für ein Plus an Flexibilität – zum Beispiel durch Vertrauensarbeitszeit, das Angebot von Homeoffice und Teilzeitmodelle. Und in der Folge frönen erwerbstätige Eltern einem schönen Leben und kommen und gehen, wann und wie sie wollen.
Wie sieht die Realität aus?
Aus meiner Erfahrung verhält sich das Ganze vollkommen anders. Wenn man Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern Hilfestellungen gibt, das oftmals doch recht anstrengende Leben mit Kindern etwas besser gewuppt zu bekommen, sind diese weit weg davon, diese Bedingungen auszunutzen. Im Gegenteil. Sie sind dankbar für die gestiegene Lebensqualität und wollen diese keinesfalls aufs Spiel setzen. Im Endeffekt sind sie sehr loyal und hochmotiviert und Unternehmen profitieren von besseren Arbeitsleistungen.
Allerdings sind Maßnahmen zur Förderung der Familienfreundlichkeit recht teuer…
Eigentlich nicht. Das meiste ist ohnehin in der modernen Arbeitswelt gegeben. Wer heute als Arbeitgeber keine flexiblen Arbeitszeiten und Homeoffice-Modelle mehr anbietet, hat die letzten beiden Jahre verschlafen und ist für Talente jeder Altersgruppe uninteressant. Diese Faktoren sind in den meisten Unternehmen vorhanden. Was man außerdem braucht, sind zum Beispiel Teilzeitmodelle, die sich flexibel den Lebensumständen arbeitender Eltern anpassen.
Wie hält es Raven51 als Arbeitgeber in puncto Familienfreundlichkeit?
Remote-Work, bei uns heißt das Flex-Office, gehört fest dazu. Und wir sind offen für jedes Teilzeitmodell. Die Stundenzahl kann flexibel erhöht und auch reduziert werden. Des Weiteren ist es kein Problem, an bestimmten Standorten, auch mal den Nachwuchs mit zur Arbeit zu bringen.
Manche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verabreden sich zu Ende des Jahres sogar, wann sie ihre Kinder mit ins Büro nehmen. Diese können dann zusammen spielen. Die absoluten Hits für die Kids sind unsere Playstation im Office und der Tischkicker. Das zeigt: Familienfreundlichkeit muss nicht teuer sein, es kommt hauptsächlich darauf an, miteinander im Gespräch zu bleiben und flexibel miteinander umzugehen. Wir arbeiten daran, das Ganze kontinuierlich auszubauen.
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