Great Resignation, Lying Flat und Co: Hört die Welt auf zu arbeiten?

Great Resignation: Amerikaner kündigen in Scharen

Der Start der Great Resignation liegt schon eine Weile zurück. Beginnend im Frühling 2021 entschlossen sich plötzlich viele Amerikaner, ihren Job zu kündigen. Am Ende des Jahres sollte die Zahl der Kündigungen bei rund 48 Millionen liegen. Eine unglaubliche Zahl, oder? Aber es kam noch schlimmer: Im kommenden Jahr sollte dieser Wert noch übertroffen werden. Im Laufe des Jahres 2022 schmissen über 50 Millionen Menschen ihren Job hin.  

Aufgrund ihres Startzeitraums wurde die unvorstellbare Kündigungswelle mit der Corona-Pandemie in Verbindung gebracht. Es lohnt sich aber ein weitergehender Blick in die Vergangenheit. Dann wird klar: Wir haben es nicht mit einem kurzfristigen Phänomen zu tun. Tatsächlich steigt die Zahl der Amerikaner, die freiwillig ihren Job hinter sich lassen, schon seit vielen Jahren kontinuierlich an. Einzige Ausnahme: das Jahr 2020. Die Corona-Pandemie und ihre Unsicherheiten sorgten nämlich zunächst dafür, dass Arbeiter an ihren Jobs festhielten 

Warum Amerikaner wirklich den Dienst quittieren

Warum verlassen so viele Amerikaner ihre Jobs? Wie immer sind die Ursachen vielfältig. Aber ein Aspekt zeigt sich besonders deutlich: Viele Amerikaner sind unzufrieden mit ihren Arbeitsbedingungen. Werfen wir einen Blick auf das Jahr, in dem der Begriff Great Resignation aus der Taufe gehoben wurde. Warum kündigten Arbeiter 2021 ihre Jobs? Hier kommen die drei Top-Gründe:  

• Für 63 Prozent war das Gehalt zu niedrig.  
• Ebenfalls 63 Prozent beklagten fehlende Entwicklungsmöglichkeiten und 57 Prozent fühlten sich am Arbeitsplatz nicht respektiert. 

Lying Flat: Chinas Nachwuchs legt sich hin

Etwa zeitgleich mit der Great Resignation in den USA startete bei einer anderen Wirtschaftsmacht die so genannte Lying-Flat-Bewegung. Alles begann mit einem Posting im April 2021. Der ehemalige Fabrikarbeiter und frischgebackene Aussteiger Luo Huazhong bezeichnet darin das Flachliegen als Gerechtigkeit und einen weisen Schritt. Es war seine Reaktion auf die vorherrschenden Arbeitsbedingungen. Statt sich auf dem Arbeitsmarkt ausbeuten zu lassen, entschied er sich für einen bedürfnis- und konsumarmen Lebensstil. Ein mutiger Schritt in einer Gesellschaft, die bekannt ist für ihren hohen Leistungsdruck.  

Seitdem folgen viele junge Chinesen dem Vorbild des Müßiggängers und stellen sich damit unter anderem gegen die 996-Arbeitskultur – also das Arbeiten von 9 Uhr morgens bis 9 Uhr abends an 6 Tagen in der Woche. Tǎng Píng, wie Lying Flat auf Chinesisch heißt, bedeutet nicht zwangsläufig gar nichts mehr zu machen. Es geht zumeist darum, sich häufiger den persönlichen Interessen und Hobbys zu widmen und nur noch minimal der Arbeit. Selbstentfaltung statt Selbstaufopferung schien die alleinige neue Marschroute junger Chinesen zu sein. Doch plötzlich klopfte ein weiterer Trend an.  

Let It Rot: Aufgeben als Ausweg

Während die Lying-Flat-Bewegung einen leicht hippieartigen Charme versprüht und das Leben verbessern und feiern möchte, steht Let It Rot – Bǎi Làn auf Chinesisch – für einen anderen Ansatz. Im Laufe des Jahres 2022 bekam dieses Phänomen seinen Titel. Es steht dafür, dass viele junge Chinesen keine Hoffnung mehr haben, an den Bedingungen in der Gesellschaft und auf dem Arbeitsmarkt etwas ändern zu können. Sie geben schlichtweg auf. Warum überhaupt noch irgendetwas tun? 

An dieser Stelle kann zumindest für die USA Entwarnung gegeben werden. Dort kündigen die meisten Arbeitnehmer nicht, um dem Arbeitsmarkt zu entfliehen. Tatsächlich kann die Great Resignation sogar als ein Zeichen des Optimismus verstanden werden, woanders einen besseren Job zu finden. In China sieht die Sache etwas anders aus. Es mehren sich Stimmen, welche die neuen Lebensweisen junger Chinesen als Gefahr für die Wirtschaft sehen. Sie könnten auch die ohnehin schon sinkende Geburtenrate zusätzlich negativ beeinflussen – und damit die Stabilität Chinas in Gefahr bringen.  

Und die Moral von der Geschicht?

Ohne gute Arbeitsbedingungen geht es nicht. Nicht nur in den USA und China sind Menschen in ihren Jobs unzufrieden. In Deutschland fühlen sich 21 Prozent der Arbeitnehmer nicht wertgeschätzt, 25 Prozent sind unzufrieden mit ihrer Bezahlung und 31 Prozent klagen über Stress. Nicht immer führt das gleich zu großen Phänomenen wie der Great Resignation in den USA oder Lying Flat und Let It Rot in China. Aber Arbeitgeber tun auch hierzulande gut daran, die Zufriedenheit ihrer Mitarbeiter im Blick zu haben, damit diese nicht abwandern. Denn 37 Prozent sind offen für einen Arbeitgeberwechsel. 

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