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Arbeitszeiterfassung: Feiert die Stechuhr ihr Comeback?

Sie galt als ausgestorben. Doch nun dürfte ein aktuelles Gerichtsurteil für ihre Wiederbelebung sorgen: Die Stechuhr ist wieder da. Nach einem aktuellen Beschluss des Bundesarbeitsgerichts (BAG) sind Arbeitgeber in Deutschland ab sofort zur Arbeitszeiterfassung verpflichtet. Doch noch sind viele Fragen offen.
Sie galt als ausgestorben. Doch nun dürfte ein aktuelles Gerichtsurteil für ihre Wiederbelebung sorgen: Die Stechuhr ist wieder da. Nach einem aktuellen Beschluss des Bundesarbeitsgerichts (BAG) sind Arbeitgeber in Deutschland ab sofort zur Arbeitszeiterfassung verpflichtet. Doch noch sind viele Fragen offen.

Inhaltsverzeichnis

Ist die Arbeitszeiterfassung noch zeitgemäß?

Seit zwei Jahren gehört Remote-Work in den meisten Unternehmen zum State of the Art. Damit hat sich vieles verändert. Unter anderem das Verständnis von Arbeitszeit. Den klassischen Arbeitsrhythmus „from nine to five“ gibt es in vielen Bereichen nicht mehr. Stattdessen wird insbesondere in Büros Flexibilität großgeschrieben und viele Betriebe setzen auf Vertrauensarbeitszeit.

 

Bedeutet: Arbeitnehmer gestalten ihre Arbeitszeiten weitgehend autonom und selbstverantwortlich. Gesteuert werden die Aufgaben, die abgearbeitet werden sollen, über Zielvorgaben. Im Gegenzug dazu verzichten Arbeitgeber darauf, zu kontrollieren, ob Beschäftigte ihre vertraglich vereinbarte Arbeitszeit auch wirklich erfüllen. Außerdem bleibt Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern weitgehend selbst überlassen, wo sie ihre To do’s umsetzen – zuhause oder im Office. Alles geht locker und flexibel zu.

Lesen Sie am Ende des Artikels auch den Meinungsbeitrag von Matthias Schröder, unserem Chief Sales and Innovation Officer.

Kommt das Ende der Vertrauensarbeitszeit?

Ist damit bald Schluss? Laut des jüngsten Urteils des Bundesarbeitsgerichts (BAG) sieht alles danach aus, dass eine gute alte Bekannte in die Arbeitswelt zurückkehrt: Die Stechuhr, die es inzwischen nicht nur in analoger, sondern auch in virtueller Form gibt. Die Richter des BAG entschieden unlängst: Unternehmen sind ab sofort verpflichtet, die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeitenden detailliert zu erfassen. Rund 45 Millionen Arbeitnehmer müssen künftig zuverlässig und verbindlich aufzeichnen, wo sie arbeiten, wann sie kommen, wann sie gehen und wann sie Pause machen.

 

Der Rechtsspruch fußt auf einem Beschluss des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), der bereits im Mai 2019 gefällt wurde. Dieser nimmt alle Arbeitgeber innerhalb der europäischen Mitgliedsstaaten in die Pflicht, ein System zur Arbeitszeiterfassung einzuführen. Umgesetzt in Deutschland und in vielen anderen europäischen Ländern wurde er bislang noch nicht. Doch jetzt ist der Startschuss gefallen.

Schutz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern steht im Vordergrund

Begründet hat das Bundesarbeitsgericht seine Entscheidung unter anderem damit, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer besser schützen zu wollen, bei denen Überstunden an der Tagesordnung sind. Ein durchaus nachvollziehbarer Grund: Denn in einer sehr flexiblen Arbeitswelt ist es zunehmend schwerer zu erkennen, wann und bei wem Mehrarbeit und Überstunden anfallen.

 

Und im Arbeitsschutzgesetz – so die weitere Argumentation des Bundesarbeitsgerichts – heiße es in Paragraf drei nun einmal: „Der Arbeitgeber hat zur Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit für eine geeignete Organisation zu sorgen und die erforderlichen Mittel bereitzustellen.“

Arbeitszeiterfassung stellt Arbeitgeber vor Herausforderungen

Was in der Theorie gerecht und fair erscheint, stellt in der Praxis jedoch sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer vor Herausforderungen. Vor allem, weil noch nicht klar ist, wie Arbeitszeiten künftig erfasst werden sollen und wie groß der bürokratische Aufwand ist, der damit einhergeht.

 

  • Reicht eine Excel-Liste, geführt vom einzelnen Mitarbeiter?
  • Bedarf es eines Zeiterfassungssystems?
  • Und: Wer erfasst die Zeiten? Arbeitgeber oder Arbeitnehmer?

Zu all diesen Punkten gibt es aktuell keine verbindlichen Vorgaben. Mit einer Konkretisierung der rechtlichen Rahmenbedingungen ist erst im November zu rechnen. Danach muss zügig mit der Umsetzung der neuen Regelungen begonnen werden – andernfalls drohen Bußgelder.

Laute Kritik an dem Beschluss zur Arbeitszeiterfassung

Bei manchen Arbeitsrechtlern sorgt das Urteil noch aus einem anderen Grund für Stirnrunzeln. Sie finden: Die verstärkte Kontrolle der Arbeitszeiten steht etablierten Vertrauensarbeitszeitmodellen entgegen. Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nimmt die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung einen großen Teil ihrer neu gewonnenen Flexibilität wieder weg.

 

Davor warnt jedenfalls Gregor Thüsing, Professor für Arbeitsrecht an der Universität Bonn. „Wir müssen aufpassen, dass die Entscheidung kein Klotz am Bein wird“, erläutert der Experte in einem Radiointerview bei WDR 5. „Es ist durchaus ein Schritt, wenn wir tatsächlich sagen sollten: ‚Auch der Arbeitnehmer im Homeoffice muss zukünftig jede Minute aufschreiben, die er nicht arbeitet, vielleicht seine Kinder aus der Kita abholt oder mit einer Freundin oder einem Freund joggen geht.“


 

Wer Talente für sich gewinnen und Mitarbeiter binden möchte benötigt eine attraktive Arbeitgebermarke, die sich positiv vom Wettbewerb abhebt. Um eine solche Marke zu schaffen und zu stärken benötigt es eine gute Employer Branding Strategie und die passenden Instrumente. In unserem Wiki-Beitrag erfahren Sie alles zu den passenden Employer Branding Instrumenten, den besten Kommunikationskanälen sowie den wichtigsten Regeln zum Aufbau einer effizienten Employer Branding Strategie.

 


Ist die Arbeitszeiterfassung eine Bürde für Arbeitnehmer im Homeoffice?

So etwas werde von vielen Arbeitnehmern als Bürde empfunden und sei nicht gewünscht. Thüsing weiter: „Wir müssen (…) auf die Entscheidung warten, weil die Flexibilität, die sich Arbeitnehmer wünschen dadurch nicht verloren gehen darf.“ Etwas gelassener geht hingegen Anja Piel, Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftbundes (DGB), das Thema an.

 

Sie hält das Ende von Homeoffice und Vertrauensarbeitszeit für eine Gespensterdebatte. Gegenüber tagesschau.de erklärt sie: „Arbeitszeiterfassung darf man nicht mit Präsenz an einem Ort – zum Beispiel dem Büro – gleichsetzen.“ Arbeitgeber müssten ihren Verpflichtungen zum Arbeitsschutz auch bei diesen Modellen nachkommen und dafür sorgen, dass Höchstarbeits- und Ruhezeiten eingehalten werden.

 

Von der Hand zu weisen, ist dieses Argument nicht: Denn es gibt durchaus Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die angesichts des Urteils in die Hände klatschen. Für all jene, denen immer wieder versteckte Überstunden aufgebrummt werden, ist die Entscheidung des BAG definitiv eine gute Nachricht.

 

Unser Fazit

 

Die Hauptfrage, die sich in Bezug auf die bevorstehenden Verordnungen ergibt, ist vor allem eine: Wie viele Spielräume lässt das neue Gesetz zu, so dass in der Coronazeit neu gewonnene Freiheiten nicht verloren gehen? Das wird sich in wenigen Wochen zeigen. Wir halten Sie auf dem Laufenden!

 
 

Auf den Punkt gebracht …!

Drei Fragen an Matthias Schröder, Chief Sales and Innovation Officer bei Raven51, zum Thema Arbeitszeiterfassung. 


Wie stehst Du zu dem neuen Urteil des Bundesarbeitsgerichts?
Das Ganze ist ein hochkomplexes Thema. Einerseits geht es dabei zu Recht um den Schutz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, der durch eine verbindliche Arbeitszeiterfassung gewährleistet werden soll. Andererseits droht eine Bevormundung in den Bereichen, wo es bislang gut ohne Aufzeichnung der Arbeitszeiten klappt.  


Was wäre die richtige Lösung?
Wir müssten uns eigentlich nur an die bestehende Regelung im Arbeitszeitgesetz halten. Diese besagt, dass Überstunden aufgezeichnet werden sollen. Das ist auch gut und richtig. Denn wenn Mitarbeiter und Arbeitgeber geleistete Überstunden im Blick behalten, kann auch Sorge getragen werden, dass diese abgeglitten werden.

So wird niemand ausgenutzt und gleichzeitig bleibt der bürokratische Aufwand überschaubar. Jetzt den Schritt zu gehen, sämtliche Arbeitszeiten aufzuzeichnen, bringt unglaubliche Bürokratiehürden und Kosten mit sich. In vielen Betrieben müssen wahrscheinlich Zeiterfassungssysteme neu angeschafft werden. Und Personalabteilungen haben in der gegenwärtigen Zeit wirklich schon genug Probleme zu meistern.

 

Was meinst Du?
Wer muss für die Umsetzung des Gesetzes sorgen? HR! Doch wir leben in Zeiten eines Arbeitskräftemangels. Sollte man Personalern jetzt nicht eher die Chance geben, neue Recruiting-Potenziale auszuloten? Stattdessen müssen sie auf die Suche nach einer geeigneten Software für die Zeiterfassung gehen. Das ist nicht nachvollziehbar.

 

Bildquelle: Bild von Jcomp auf Freepik

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