Betriebsverfassungsgesetz

Betriebsverfassungsgesetz

Das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) regelt die arbeitsrechtliche Grundordnung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern in einem Betrieb. In der Betriebsverfassung sind sowohl die Rechtsstellung der Organe als auch die Form der Zusammenarbeit dieser geregelt. Das Betriebsverfassungsgesetz wirkt sich nicht auf Betriebe und Verwaltungen des Bundes, der Länder, der Gemeinden oder sonstiger Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts aus. Oberstes und gemeinsames Ziel des Betriebsverfassungsgesetzes ist das Wohl der Belegschaft und des Betriebes.

Inhaltsverzeichnis

Organisatorisches zum Betriebsrat

Wahl:

Sind in einem Betrieb mindestens fünf Personen beschäftigt (und drei davon wählbar), so kann ein Betriebsrat gegründet werden. Dies ist kein zwingender Prozess und der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, seine Angestellten auf diese Möglichkeit hinzuweisen bzw. die Initiative zu ergreifen. Diese obliegt den Beschäftigten oder – falls vorhanden – der Gewerkschaft. Wahlberechtigt ist jeder Angestellte über 18 Jahren und wählbar jeder, dessen Betriebszugehörigkeit schon länger als sechs Monate andauert.

 

Organisiert wird die Wahl von einem Wahlvorstand, der (vor Ablauf seiner Amtszeit) durch den Betriebsrat bestimmt wird. Er muss ein Wahlausschreiben für die Dauer von sechs Wochen aushängen, nur dann kann die Wahl stattfinden. In Betrieben mit bis zu 50 Mitarbeitern kann eine Wahl hingegen innerhalb von 2 Wochen ausgeführt werden (wenn sich Arbeitgeber und Wahlvorstand einig sind, gilt dies auch bis 100 Mitarbeiter). Gegenstände dieses Ausschreibens sind die Formalitäten der Wahl, die Wählerliste und die entsprechende Frist für die Abgabe von Vorschlägen.

 

Ist im Unternehmen noch kein Betriebsrat vorhanden, so wird der Wahlvorstand vom Gesamt- oder Konzernbetriebsrat benannt (falls vorhanden). Im anderen Fall kann eine Versammlung von einer Gewerkschaft oder drei wahlberechtigten Beschäftigten einberufen werden.

 

Grundlagen der Tätigkeiten

  • Da der Betriebsrat als Kollektivorgan agiert, darf der Vorsitzende keine Entscheidung allein treffen – es sind ausschließlich Mehrheitsbeschlüsse zugelassen. Auch müssen sich die Mitglieder bei der Entscheidungsfindung parteipolitisch neutral verhalten, sie dürfen sich nicht an Arbeitskämpfen beteiligen oder diese sogar organisieren (dies gilt nur in der Position als Betriebsratsmitglied, die Position der Person als Arbeitnehmer ist davon nicht betroffen).
  • Der Rat unterliegt einer Geheimhaltungspflicht. Teilt die Unternehmensführung diesem vertrauliche Firmen- oder Personendaten einzelner Angestellter mit, so hat er Stillschweigen zu wahren (§ 2 BetrVG). Hält er sich nicht daran, drohen Sanktionen gegen die betroffenen Mitglieder.
  • Des Weiteren genießen Mitglieder Sonderkündigungsschutz. Dieser kann nur bei Schließung des Betriebs oder durch eine außerordentliche Kündigung außer Kraft gesetzt werden. Soll einem Mitglied des Rates gekündigt werden oder dieses in einen anderen Standort versetzt werden, so muss der Betriebsrat zustimmen (§103 BetrVG).

Pflichten des Arbeitgebers

  • Das Unternehmen darf weder die Wahl, noch die Arbeit des Betriebsrates behindern und einzelne Mitglieder weder bevorzugen, noch benachteiligen.
  • Betriebsvereinbarungen, die gemeinschaftlich getroffen wurden, sind umzusetzen.
  • Er hat Beratungs- und Besitzansprüche zu erfüllen.
  • Der Arbeitgeber ist verpflichtet, vertrauensvoll mit dem Betriebsrat zusammenzuarbeiten und das Neutralitätsgebot einzuhalten.

Welche Mitwirkungsrechte hat der Betriebsrat?

Damit der Betriebsrat seine verantwortungsvollen Aufgaben ungehindert ausüben kann, werden ihm gewisse Rechte zuteil:

Recht auf Information

Das BetrVG besagt, dass der Betriebsrat in betrieblichen Belangen vollumfassend informiert sein muss (bis auf wenige Ausnahmen) und stellt ihn mit dem Arbeitgeber auf dieselbe Stufe. Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse sind ebenfalls dem Betriebsrat mitzuteilen.

 

Möchte dieser bestimmte Informationen einsehen, so darf ihm dies nicht verweigert werden – ein Grund hierfür muss nicht genannt werden, die Einsicht kann zu jeder Zeit und ohne einen Anlass stattfinden.

 

Verweigert sich der Arbeitgeber, so kann die Herausgabe der Informationen vor Gericht eingeklagt werden.

 

Dem Informationsrecht muss vorrangig der Arbeitgeber nachkommen. Allerdings hat der Betriebsrat noch weitere Quellen, die er nutzen darf: Sachverständige, Rechtsanwälte, Berater, sachkundige Angestellte und andere Arbeitnehmer in diesem Betrieb. Eine Ausnahme bildet hier der Wirtschaftsausschuss: Dieser muss ebenfalls nach jeder Sitzung den Betriebsrat unverzüglich informieren (§ 108 Absatz 4 BetrVG).

 

Widerspruchsrecht bei Kündigungen

Ähnlich wie bei dem Recht auf Beratung muss der Rat vom Arbeitgeber vor einer geplanten Kündigung angehört werden. Diese Pflicht besteht per Gesetz bei jeder Art von Kündigung (§ 102 Abs. 1 BetrVG). Findet diese Anhörung nicht statt und der Gekündigte macht die Unwirksamkeit der Kündigung innerhalb von drei Wochen gerichtlich geltend, so ist die Kündigung unwirksam.

 

Zu den Informationen, die der Arbeitgeber offenlegen muss, gehören unter anderem: Personaldaten, Kündigungsgrund, Kündigungstermin und die Kündigungsfrist.

 

Wird einem Arbeitnehmer ordentlich gekündigt und der Betriebsrat legt frist- und formgerecht Widerspruch ein, so entsteht ein Weiterbeschäftigungsanspruch, sollte der Arbeitnehmer eine Kündigungsschutzklage erheben. Diesem kann sich der Arbeitgeber entziehen, wenn er vor Gericht eine einstweilige Verfügung erwirkt (§ 102 Absatz 5 Satz 2 BetrVG).

 

Der Betriebsrat kann seine Meinung äußern und schriftlich seine Bedenken mitteilen, allerdings löst allein dies den oben genannten Weiterbeschäftigungsanspruch nicht aus.

 

Recht auf Mitbestimmung

Das Gesetz verwendet den Begriff „Mitbestimmung“ als im weiteren Sinne „Einflussnahme“ auf Unternehmensentscheidungen (wie in den Überschriften zu § 99 BetrVG und § 102 BetrVG zu finden).

 

Versteht man Mitbestimmung im engeren Sinne als Mitgestaltung, so hat diese für den Rat folgende Merkmale:

 

  • Initiativrecht (Der Betriebsrat kann jederzeit ein neues Konzept für eine Änderung ausarbeiten und diese der Betriebsleitung vorlegen.)
  • Einigungszwang (Betriebsrat und Arbeitgeber müssen so lange verhandeln, bis sie eine Einigung erzielt haben.)
  • Wirksamkeitsvoraussetzung (Arbeitnehmer müssen mitbestimmungspflichtige Anweisungen nicht befolgen, sollten diese ohne den Betriebsrat erlassen worden sein.)
  • Entwicklung eigener Vorschläge (Der Rat muss nicht zwingend die Vorschläge des Unternehmens ablehnen oder diesen zustimmen. Er darf eigene Lösungen erarbeiten und vorbringen.)

Das Mitbestimmungsrecht ist ein sehr breit gefächertes Gebiet des Betriebsverfassungsgesetzes. Die meisten Gegenstände hierin bestehen aus sozialen oder personellen Angelegenheiten (§ 87 BetrVG). Zu finden sind aber auch andere Paragrafen, die unter anderem folgende Themen regeln:

 

  • Wirtschaftliche Angelegenheiten wie zum Beispiel der Wirtschaftsausschuss (zu gründen in Unternehmen ab 100 Beschäftigten), Betriebsänderungen (Schließung, Verlegung von Produktionsstandorten), der Sozialplan oder der Interessensausgleich
  • Regelungen zu Beschwerden von Arbeitnehmern (§ 85 Abs. 2 BetrVG)
  • Auswahlrichtlinien für Personal (§ 95 Abs. 1 BetrVG)
  • Betriebliche Berufsbildungsmaßnahmen (§ 97 Abs. 2 BetrVG)
  • Menschengerechte Gestaltung der Arbeit (§ 91 BetrVG)

Zustimmungsverweigerungsrecht:

Das Zustimmungsverweigerungsrecht ist per Gesetz im § 99 Abs. 2 BetrVG geregelt und wird auch als Veto-Recht bezeichnet. Es sagt im Groben aus, dass der Rat durch seine Verweigerung einer Zustimmung zu einer Maßnahme die Durchführung dieser verhindern kann.

Es unterschiedet sich auch genau in diesem Punkt zum Beratungsrecht und Widerspruchsrecht: Hier kann unmittelbar Einfluss auf eine vom Betrieb geplante Maßnahme genommen werden.

 

Recht auf Beratung

In wirtschaftlichen Angelegenheiten obliegt es dem Betrieb, Entscheidungen alleine zu treffen, ohne dass hier eine Einflussnahme stattfindet. Diese können beispielsweise sein: Schließung eines Betriebes, Verlagerung von Produktionsstandorten oder Einführung neuer Technologien.

 

Da das Betriebsverfassungsgesetz allerdings davon ausgeht, dass die Zusammenarbeit vertrauensvoll stattfindet (§ 2 Abs. 1 BetrVG) und solche unternehmerischen Entscheidungen in einer Betriebsversammlung erklärt und erörtert werden.

 

Zu diesem Zweck muss der Rat über die Planung informiert werden – stellt diese eine Betriebsänderung laut § 111 BetrVG dar, so muss in einer Betriebsversammlung ein Interessensausgleich verhandelt werden (der Abschluss dessen kann allerdings nicht durch den Rat erzwungen werden).

 

Unter anderem müssen folgende Themen untereinander beraten werden:

 

  • Personalplanung (§ 92 Abs. 1 S. 2 BetrVG)
  • Planung von technischen Anlagen (§ 90 Abs. 2 BetrVG)
  • Berufsbildung der Arbeitnehmer (§ 96 Abs. 1 S. 2 BetrVG)

Verstößt der Arbeitgeber mehrfach gegen seine Pflicht, gewisse Fragen zu beraten, so kann das Beratungsrecht in einem Gerichtsverfahren durchgesetzt werden (§ 23 Abs. 3 BetrVG).

 

Streitigkeiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat

Bei Streitigkeiten muss grundsätzlich in zwei verschiedene Fälle unterschieden werden:

 

  1. Eine Partei hat gegen ihre jeweiligen Pflichten verstoßen
  2. Die Parteien können sich nicht einer Regelungsfrage einigen

Ganz allgemein kann man davon ausgehen, dass bei Streitigkeiten die Regelungsstelle schlichtet und regelt, wohingegen bei erstem Fall das Arbeitsgericht in einem Beschlussverfahren entscheidet.

 

Kategorie: Arbeitsrecht

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