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    Kolumne: Väter-Wirtschaft – muss das auch noch sein? 

    Denkt man an Väter in der Wirtschaft und ist ein Kind der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts, kann das falsche Denk-Verknüpfungen herstellen. Im Geist entsteht dann das heute nicht mehr zeitgemäße Panoptikum einer deutschen Eckkneipe: Kalter Zigarettenrauch, schales Bier, abgewetzter Tresen und niveauferne Schlager. Schimanski lässt grüßen. 

    Kolumne: Väter-Wirtschaft – muss das auch noch sein?

    Das dachte sich wahrscheinlich auch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und nannte seine Studie zum Thema, wie mit Vätern in deutschen Unternehmen umgegangen wird, lieber „Wie väterfreundlich ist die deutsche Wirtschaft?“. Klingt etwas eindeutiger und macht klar: Hier geht’s um Gleichberechtigung und nicht um einen der Lieblingsrückzugsorte von Männern vergangener Zeiten.  

    Da geht noch mehr 

    Kernaussage der Erhebung, für die 600 Personalverantwortliche und 1000 erwerbstätige Väter befragt wurden: Aus Sicht der Väter ist ein Viertel der Unternehmen väterfreundlich, der Rest ist es teilweise oder ehr nicht. Und gleichzeitig wollen immer mehr Väter auch Familie und Beruf miteinander verknüpfen und sind bereit, den Arbeitgeber zu wechseln (50 Prozent) und weniger zu arbeiten (40 Prozent). Könnten aber noch mehr sein. Müssen auch, denn nur wenn aus „Mütter- und Väterfreundlichkeit“ irgendwann die „Elternfreundlichkeit“ von Unternehmen wird, ist der Wandel hin zu einer echten Gleichberechtigung gelungen. In dieser Kürze hat das schon was von Kalenderspruchmentalität, trifft jedoch den Kern der Sache.  

    Die Gleichberechtigung ist seit einem Jahrhundert ein Thema, das die Gesellschaft immer weiter durchdringt. Dabei wurde sie gefühlt eben erst erfolgreich in den Business-Fokus gerückt und auf den Prüfstand gestellt. Um Gleichberechtigung in allen Lebenslagen und -situationen umzusetzen, bedarf es jedoch einer Menge Zeit, Hirn und Veränderung. Damit haben Gesellschaft und Wirtschaft lange genug zu tun. Frauen in Führungspositionen, Gender Pay Gap, Kinderbetreuung sind da nur einige von unzähligen Teil-Themen des Ganzen, die dauerhaft im Fokus stehen.  

    Natürlich geht es auch darum, Mütter bei den beruflichen Perspektiven nicht weiter zu benachteiligen. Sie raus aus der immer wieder suggerierten Düsternis von Heim und anspruchslosen Teilzeitjobs zu holen. Hinein ins scheinbar immer heller scheinende Licht von Karrieremöglichkeit und eigener Vollzeit-Entwicklung. Mit dem Ziel, das Ganze derart tief in einzelnen Köpfen und der Gesellschaft als Ganzes zu verankern, dass es dort wie festbetoniert und einzementiert nie wieder verschwinden kann.  

    Dürfen Väter das überhaupt? 

    Und jetzt kommen auch noch wir Väter. Dürfen wir das überhaupt als vermeintliche Wurzel allen Übels? Eine väterfreundliche Wirtschaft erwarten, mit Teilzeit, weniger Überstunden und flexibleren Arbeitszeitmodellen. Na klar. Weil es anscheinend doch immer mehr Väter gibt, die sich mit dem Thema „Vereinbarkeit von Beruf und Familie“ beschäftigen und dabei den Gedanken hegen, sich immer mehr im sogenannten „Care“-Bereich zu engagieren. Auch über die obligatorischen zwei Monate Elternzeit hinaus. Und auch immer mehr Unternehmen. Also ran an den gesellschaftspolitisch angebrutzelten Speck.  

    Natürlich sind wir allzu oft immer noch Nutznießer einer von uns selbst über die Jahrtausende etablierten und gepflegten Gesellschaftsordnung. Das ändert sich aber. Langsam zwar, aber stetig.  

    Selbstwahrnehmung der Unternehmen ist verzerrt 

    Was aber doch etwas verwundert, ist die recht verzerrte Selbstwahrnehmung der Unternehmen. Die Studie besagt nämlich, dass sich die Unternehmen für sehr viel väterfreundlicher halten, als sie von den Vätern eingeschätzt werden. Da steht es 63 zu 38 Prozent bei der Einschätzung als „Sehr väterfreundlich“. Teilweise väterfreundlich finden es nur 31 Prozent der Unternehmen aber 45 Prozent der Väter.   

    Das Problem scheint also weniger zu sein, dass Unternehmen die Möglichkeiten bieten, Elternzeit zu nehmen oder die Arbeitszeit zu verkürzen.   

    Ist es möglicherweise die Akzeptanz eltern- und teilzeitwilliger Väter in Unternehmen, die zu wünschen übriglässt? Was für Frauen selbstverständlich ist, wirkt bei Männern viel zu oft noch sonderbar. Wird das von Kollegen und Vorgesetzten widergespiegelt, entsteht schnell der Eindruck mangelnder Wertschätzung – und schon ist der Eltern- oder Teilzeitantrag wieder vom Tisch.  

    Familie und Beruf vereinen – ein starker Benefit! 

    Dabei ließe sich gerade auf diesem Sektor einiges gewinnen. Denn Maßnahmen zur Unterstützung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind nichts anderes als ein extrem starker Benefit, mit dem sich Fachkräfte begeistern lassen. Männer wie Frauen gleichermaßen. Wenn nur deutlich genug gemacht wird, dass die Entwicklungsmöglichkeiten im Unternehmen davon nicht abhängen. Ganz im Gegenteil. Sollte man da am Ende mit einer vernünftigen Recruiting-Kampagne richtig was reißen können? Auf allen Seiten?  

    Reißen sollte man zumindest die unternehmerischen Fenster, und zwar ganz weit auf, damit der Muff vergangener Zeiten, der Brodem der gesellschaftlichen Eckkneipe rauszieht und Platz macht für den frischen Wind einer modernen, wirtschaftlich und familiär gleichermaßen geprägten Denk- und Handlungsweise.