KI-gestütztes Active Sourcing: Talente auf dem Silbertablett
Am Bewerbungseingang vieler Unternehmen herrscht im Jahr 2022 die totale Flaute. Sind damit die fetten Jahre im Recruiting vorbei? Nicht unbedingt! KI-gestütztes Active Sourcing könnte bei der Personalsuche vieles leichter machen und Bewerber auf dem Silbertablett liefern. Das jedenfalls ist die Quintessenz eines Raven51-Webinars mit den Geschäftsführern von hijob, René Tillmann und Wolfgang Weber. Die wichtigsten Facts im Überblick.

Der Status Quo im Recruiting
Aktiv suchende Talente sind rar wie nie und es dauert immer länger, bis über klassische Recruitingkanäle wie die Stellenanzeigenschaltung auf Jobbörsen Bewerbungen eingehen. Daher stehen Personalsuchende unter einem immensen Druck. Denn nie gab es mehr offene Stellen und jeder Tag, an dem diese nicht besetzt werden können, kostet Unternehmen Geld.
Und zwar richtig viel Geld, wie die Experten des Jobbportals StepStone ausgerechnet haben. Rund 29.000 Euro schlagen im Schnitt für eine unbesetzte Stelle zu Buche. Die Frage aller Fragen lautet daher: Wie können Recruiter trotz einem leer gefischten Arbeitsmarkt schnell, unkompliziert und effizient ihre Perfect Matches finden? Darüber hat Florian Grösch, Senior Expert Recruiting Solutions bei Raven51, in einem Webinar mit den Experten René Tillmann und Wolfgang Weber gesprochen.
Wer Talente für sich gewinnen und Mitarbeiter binden möchte benötigt eine attraktive Arbeitgebermarke, die sich positiv vom Wettbewerb abhebt. Um eine solche Marke zu schaffen und zu stärken benötigt es eine gute Employer Branding Strategie und die passenden Instrumente. In unserem Wiki-Beitrag erfahren Sie alles zu den passenden Employer Branding Instrumenten, den besten Kommunikationskanälen sowie den wichtigsten Regeln zum Aufbau einer effizienten Employer Branding Strategie.
Was ist Active Sourcing?
Tillmann und Weber sind Geschäftsführer von hijob. Das Unternehmen hat eine KI-gestützte Recruitinglösung für das Active Sourcing entwickelt. Die Direktansprache von neuen Mitarbeitern mittels Künstlicher Intelligenz ist für die beiden CEO‘s die Lösung für die bestehenden Probleme in der Personalbeschaffung. „Talente haben sich schon lange daran gewöhnt, dass Arbeitgeber sie ansprechen“, so René Tillmann. Nur die wenigsten wollten noch selbst auf die Suche nach der nächsten beruflichen Herausforderung gehen und hochkomplexe Bewerbungsprozesse durchlaufen.
Tatsächlich belegen Studien diese Entwicklung schon lange. Laut der Erhebung Recruiting Trends der Universität Bamberg im Auftrag des Karriereportals Monster hat bereits 2019 jeder zweite Kandidat das eigene LinkedIn- oder Xing-Profil auf Vordermann gebracht, um von Unternehmen besser gefunden und angesprochen zu werden.
Wieso ist Active Sourcing wichtig?
Seitdem hat sich die Anzahl der nicht aktiv suchenden Talente noch einmal drastisch vergrößert, weiß Renè Tillmann aus eigener Erfahrung. „Das bekommen wir in vielen Projekten, in denen wir Talente im Rahmen des Active Sourcings Stellen anbieten, direkt von der Zielgruppe gespiegelt. Ein Satz, den wir andauernd hören: ‚Schön, dass sie anrufen, ich bin tatsächlich sehr interessiert an einer neuen beruflichen Herausforderung, hätte aber nie selbst danach gesucht.‘“
Unternehmen haben das auch durchaus erkannt und gehen seit Jahren stärker auf Kandidatinnen und Kandidaten zu. Viele versuchen ihr Glück im Active Sourcing allerdings mit Massenansprachen: Talente, die Pi mal Daumen zu einem Job passen könnten, werden über Businessnetzwerke, Social Media oder Lebenslaufdatenbanken mit austauschbaren Floskeln angesprochen.
Nach dem Motto: Irgendwer wird schon anbeißen. Doch auf solche unkonkreten Direktansprachen reagieren Kandidaten meistens nicht, oder gerne auch mal mit öffentlicher Häme und Spott in den sozialen Netzwerken. Letztes ist gar nicht gut, denn es schadet der Reputation eines Arbeitgebers und somit der Employer Brand.
Richtige Ansprache: Warum nichtssagende Massenansprachen nicht funktionieren
Wolfgang Weber: „Ich selbst habe vor kurzem ein Angebot als Bademeister bekommen. Entschuldigung! Das ist dermaßen weit weg von dem, was ich beruflich mache. Natürlich reagiere ich nicht auf so etwas und die Ansprache läuft ins Leere – wie bei so vielen anderen auch. Daher steht unser Ziel fest: Wir wollen den Unterschied im Markt machen.“
Dazu hat hijob das Thema Active Sourcing in Verbindung mit einer Künstlichen Intelligenz (KI) vollkommen neu aufgerollt. Vorbei die Zeiten anonymer Direktansprachen per Mail oder Privatnachricht mit nur geringem oder gar keinem Bezug zum Lebenslauf eines Talents.
Wie setzt man KI-gestütztes Active Sourcing um?
Der Prozess funktioniert wie folgt: Arbeitgeber, die neues Personal brauchen, geben den Recruiting-Experten von hijob ein genaues Briefing, nach welchen Bewerbern sie suchen.
- Welche Soft Skills werden gesucht?
- Welche Hard Skills sind vonnöten?
- Innerhalb welchem Gehaltskorridor bewegt sich eine Stelle?
- Werden Talente gesucht, die innerhalb des Unternehmens Karriere machen wollen – vielleicht sogar im Management?
- Und, und, und.
Danach suchen die Researcher von hijob mit Unterstützung der selbst entwickelten KI gezielt nach dem passenden Mitarbeiter oder der passenden Mitarbeiterin in klassischen Active Sourcing Kanälen – im unternehmenseigenen Talent Pool, auf LinkedIn, Xing und weiteren Online-Portalen. René Tillmann: „Unsere Künstliche Intelligenz setzen wir dazu ein, um in kürzester Zeit die Anforderungen ausgeschriebener Stellen gegen die Qualifikationen von Talenten abzugleichen. Die Personen mit der höchsten Übereinstimmung werden angesprochen.“
Neue Methoden: Matching auf einem neuen Level
Das Prinzip eines solchen automatisierten Abgleichs ist nicht neu. Es gibt schon lange so genannte Matching-Algorithmen, die diesen Job übernehmen. Doch die KI von hijob geht genauer und feingranularer vor. Sie versteht Lebensläufe ganzheitlich und chronologisch und analysiert: Wo befindet sich ein Talent in seinem beruflichen Werdegang gerade?
Zeigt die Analyse der Lebenslaufdaten etwa, dass sich ein Kandidat von der gesuchten Rolle wegbewegt, kommt er weniger für eine ausgeschriebene Stelle infrage und wird nicht vorgeschlagen. Bewegt sich ein Talent hingegen in die Rolle hinein, ist es besser geeignet und kommt in die engere Wahl. Oder ist der oder die Kandidat/-in genau auf dem Qualifikations-Level, nach dem für einen Job gesucht wird? Dann landet die Person auf der Trefferliste ganz oben.
Der Perfect Match ist keine Illusion
Wolfgang Weber bringt es noch einmal auf den Punkt: „Unser Ziel ist es, die Anforderungen an Stellen und die Kompetenzen von Menschen so detailliert abzugleichen, dass jeder für sich die perfekte Position findet – und zwar schnell. Das ist der große Unterschied zu dem, was bisher gemacht wurde. Das hebt Active Sourcing auf ein anderes Level.“
Aus dem KI-gestützten Abgleich entsteht eine Longlist, die zwischen 40 bis 130 Talente umfasst, die im nächsten Schritt persönlich und konform mit dem Datenschutz angesprochen werden können – aber erstmal nicht vom beauftragenden Arbeitgeber, sondern von hijob.
„Wir nehmen Kontakt zu den Talenten auf und klären hochindividuell alle Punkte, die bei einem Jobwechsel wichtig für sie sind: Gehalt, Teamstrukturen, Work Life Balance Angebote, Familienfreundlichkeit und dergleichen“, erklärt René Tillmann. „Nur die Kandidaten mit den höchsten Übereinstimmungswerten mit dem suchenden Unternehmen, übergeben wir dann an den Kunden in einer Shortlist. Dieser kann mit diesen nun direkt Kontakt aufnehmen.“ So ist die Chance enorm hoch, dass perfekt passende Talente angeheuert werden.
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Auf den Punkt gebracht …!
Drei Fragen an Matthias Schröder, Chief Sales and Innovation Officer bei Raven51, zum Thema VUKA.
Matthias, keine leichte Ära, in der wir uns befinden. Inwiefern betrifft das VUKA-Phänomen auch das Recruiting? Welche Auswirkungen hat es?
VUKA hat ganz direkte Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und das Recruiting. Die Rechnung geht so: Phasen des wirtschaftlichen Auf- und Abschwungs werden sich künftig in deutlich kürzeren Zyklen abwechseln als wir es bislang gewöhnt sind. Das bringt viel Bewegung in den Arbeitsmarkt. In Zeiten eines Wirtschaftshochs ist die Nachfrage nach Arbeitnehmern immens, in Rezessionsphasen hingegen niedriger.
Wie können sich Recruiter auf diese Ups and Downs vorbereiten?
Da wirtschaftlich schwächere Zeiten in Zukunft kein Dauerzustand sein werden und sich das Blatt binnen Wochen wieder ändern kann, macht es keinen Sinn, in schlechten Phasen massenhaft Personal freizusetzen, so wie man es früher getan hätte. Ein paar Wochen später braucht man die Menschen unter Umständen wieder, von denen man sich getrennt hat.
Stattdessen sollten Vorkehrungen getroffen werden, um eine bestehende wirtschaftliche Krise mit möglichst der ganzen Belegschaft zu bewältigen. Hier hat sich zum Beispiel die Kurzarbeit als wirksames Tool entpuppt. Auch wir haben damit in der Coronakrise gute Erfahrungen gesammelt. Kurzarbeit hat uns ermöglicht, nach der Talfahrt wieder mit fast voller Man- und Womenpower durchzustarten.
Birgt das VUKA-Phänomen auch besondere Chancen für das Recruiting?
Absolut! Ich bin weit davon entfernt, schwarz zu sehen. Die Zeit, die vor uns liegt, wird herausfordernd. Daran besteht kein Zweifel. Aber sie bietet auch Chancen. Der Arbeitsmarkt wird sich immer mal wieder zum Arbeitgebermarkt drehen. Dann stehen kurzfristig mehr Talente zur Verfügung und Unternehmen, die stark vom Fachkräftemangel betroffen sind, haben die Chance, sich durch ein passgenaues und sehr gezieltes Recruiting kluge Köpfe zu sichern, die von anderen Arbeitgebern freigesetzt wurden. Hierfür gibt es inzwischen hochperformante Recruiting-Tools, die etwa mit Hilfe Künstlicher Intelligenz die besten Talente finden. Das kann die eigene Organisation entscheidend nach vorn bringen. Gut möglich, dass auf diese Weise der ein oder andere Hochkaräter in Ihr Unternehmen findet.
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