Gamescom-Review: Drei Beispiel für Personalmarketing im Gaming-Kontext
Computerspiele und E-Sports sind aktuell das meist unterschätzte Massenmedium. Oder hätten Sie gewusst, dass 42 Prozent der Bundesbürger Computer- oder Videospiele spielen? Auf der Gamescom in Köln, der weltweit größten Messe für Computerspiele, konnte man vor wenigen Tagen beobachten, wie sich verschiedene Arbeitgeber in der Gaming-Szene positionieren.

1. Deutsche Bahn: Gaming und E-Sports leben
Die Deutsche Bahn AG hat die Gamescom in diesem Jahr besonders aufwändig bespielt. Den Anfang machte eine Kollaboration: Die Bahn übernahm für den Sommer das Sponsorship für die „Premier Tour“ – eine große Turnierserie für das Multiplayer-Spiel „League of Legends“, dessen Finale auf der Gamescom ausgetragen wurde.
Zugleich veranstaltete die Bahn intern ein Turnier, um unter 200.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die fünf besten „League of Legends“-Spieler für das DB-eigene Team „DB Five“ zu identifizieren. Der Clou: Die unternehmenseigene Mannschaft trat im Rahmen der Gamescom in einem Showmatch gegen ein Profiteam an. Den großen Auftritt vor hunderten Zuschauern im Saal und vor hunderttausenden, die das Streaming im Internet verfolgten, nutzte die Bahn, um über einen Slogan auf den Spielertrikots eine klare Recruiting-Botschaft zu platzieren: „Willkommen, Du passt zu uns.“
Ein Unternehmenssprecher bestätigte, dass das Gamescom-Engagement eng mit der Recruiting-Strategie der Bahn verbunden ist: „Allein im Jahr 2018 stellt der Konzern rund 19.000 neue Mitarbeiter ein. Unter den freien Stellen sind viele Stellen für IT-Experten und Talente mit digitaler Kompetenz, die die DB insbesondere im Zuge der Digitalisierung braucht und vermehrt einstellt. Die Ansprache von potenziellen neuen Mitarbeitern und Azubis findet nun erstmals im E-Sports-Umfeld statt.“
Ganz nebenbei hat die Deutsche Bahn mit den DB Five auch ihre eigenen Markenbotschafter in der Gaming-Welt platziert – mit reichlich Identifikationspotenzial, insbesondere bei jungen Zielgruppen.
2. Die Bundeswehr: Krieg als (Computer-)Spiel?
Für weitaus weniger Begeisterung, aber mindestens genauso viel Aufmerksamkeit sorgte der Gamescom-Auftritt der Bundeswehr. Wie schon in den vergangenen Jahren stellte sie im Karrierebereich der Messe aus, um Nachwuchs zu rekrutieren. Diesmal waren es allerdings weniger die Panzer und Ausrüstungsgegenstände am Messestand, die für Missmut sorgten, sondern die Plakate der flankierenden Werbekampagne: Motive in der Optik von Kriegsspielen wie „Call of Duty“ oder „Battlefield“ stellten mit Claims wie „Multiplayer at its best!“ und „Mehr Open World geht nicht!“ eine Verbindung zwischen virtuellen Spielen und echten militärischen Einsätzen her.
Die Kritik im Netz ließ nicht lange auf sich warten. Der zentrale Vorwurf: Kriegseinsätze würden durch die Plakate verharmlost, das Töten von Menschen mit dem Konsum von Computerspielen gleichgesetzt. Die Bundeswehr stellte zwar per Twitter klar, dass man die Plakate als Reflexionsangebot verstanden wisse wolle („Wir wollen zum Nachdenken darüber anregen, was wirklich zählt: Krieg spielen oder Frieden sichern?“) – der Großteil des Publikums verstand jedoch eine andere Botschaft.
Trotzdem könnte sich die Kampagne schon bald als Erfolg entpuppen: Mit ihrer bewussten oder unbewussten Provokation hat die Bundeswehr einmal mehr ein sehr hohes Maß an Aufmerksamkeit erzeugt.
3. Capgemini: Gaming-Event als Erlebniswelt
Dass die Gaming-Szene für fachkräfteintensive Branchen genau der richtige Recruiting-Kanal sein kann, zeigt auch das Beispiel Capgemini Deutschland. Der Consulting-Dienstleister war – genauso wie die Bundeswehr – ebenfalls zum wiederholten Mal im Karrierebereich der Gamescom präsent.
„Unser Ziel ist es, dort zu sein, wo unsere Zielgruppe unterwegs ist“, ließ uns auf Anfrage Laura Zschirnt wissen, die als HR-Managerin die Capgemini-Präsenz auf der Gamescom gestaltet und verantwortet hat. Der Vorteil von Veranstaltungen wie der Gamescom gegenüber konventionellen Karriere-Events liegt nach Einschätzung von Zschirnet im unkomplizierten Austausch mit der Zielgruppe. „Wir möchten ihr [der Zielgruppe, Anm. d. Red.] auch außerhalb klassischer Hochschulmessen die Gelegenheit bieten, spontan mit uns in Kontakt zu kommen. Ein Umfeld, das sie be-
geistert und inspiriert, ist dafür ideal.“
In diesem Jahr scheint die Rechnung für Capgemini aufgegangen zu sein: Man sei mit sehr vielversprechenden Kandidaten ins Gespräch gekommen – ganz ohne Marketing-Skandal.
In Zukunft wird Gaming für Recruiter noch weiter an Bedeutung gewinnen: insbesondere In-Game-Advertising und Werbung in Live-Streams bieten neue Möglichkeiten, um Zielgruppen in ihren Lebenswelten erreichen. Welche Chancen sich daraus ergeben können, werden wir in einem weiteren Artikel diskutieren.